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Dem Leben eine neue Richtung geben

In der Bundesliga hatte Christian Dingert am vorletzten Spieltag vor der Winterpause das Heimspiel des SC Freiburg gegen Hannover 96 geleitet. Und es ging "heiß her". Aber auch an anderer Stätte hatte der 38-jährige Westpfälzer noch einen Einsatz im „Strafraum“. Und auch dabei ging es um viel. Dingert und sein Schiedsrichter-Assistent Timo Gerach besuchten am Dienstag Strafgefangene in der Justizvollzugsanstalt Frankenthal.


Dort hatte die Schiedsrichter-Vereinigung Rhein-Pfalz bereits zum vierten Mal einen Neulingskurs durchgeführt und wurde dabei jeweils von der Sepp-Herberger-Stiftung unterstützt.


„Es ist eine gute Sache, dass man im Rahmen der Sepp-Herberger-Stiftung solche Resozialisierungsmaßnahmen durchführt und die Schiedsrichter-Vereinigung bei ihrem Wirken unterstützt“, unterstrich Dingert. Er selbst gab im Jahr 2010 sein Bundesliga-Debüt, sein Kollege Timo Gerach leitete selbst bereits 24 Spiele in der 2. Bundesliga und unterstützt Dingert als Assistent bei Spielen im Fußball-Oberhaus. Beide gehören zu den 70 besten Schiedsrichtern im Fußballland Deutschland, in dem über 70.000 ausgebildete Schiedsrichter den Spielbetrieb in den DFB-Landesverbänden möglich machen. Zwei Stunden verbachten die beiden Top-Referees mit elf Strafgefangenen, die einen achtwöchigen Kurs erfolgreich abgeschlossen und damit die Schiedsrichter-Lizenz erworben haben. Begleitet wurden die beiden Bundesliga-Schiedsrichter von den DFB-Vizepräsidenten Ronny Zimmermann und Dr. Hans-Dieter Drewitz.


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„Man muss ehrlich zu sich selbst sein. Das ist auch für einen Schiedsrichter ein hohes und wichtiges Gut. Sich selbst anzulügen, bringt einen nicht weiter. Das gilt nicht nur auf dem Fußballplatz, das gilt für‘s ganze Leben“, gab Dingert den Strafgefangenen, die ganz am Anfang ihrer Schiedsrichterlaufbahn stehen, mit auf ihren Weg. Erstmal werden sie wohl D- oder C-Junioren-Spiele leiten. „Mehr Sehen als Hören“, riet Dingert schmunzelnd, auch in Erinnerung an seine frühen Tage und die oft leidenschaftlich mitgehenden Eltern am Spielfeldrand.

Mit bisher 110 geleiteten Partien in der Fußball-Bundesliga zählt Christian Dingert mittlerweile selbst zu den erfahrenen Unparteiischen in der deutschen Eliteliga. Der Verwaltungsangestellte, der bis heute noch eine Zwei-Drittel-Stelle innehat, wurde während der laufenden Saison in 15 Partien eingesetzt. Als Assistent gehörte er zuvor einige Jahre unter anderem den Teams von Wolfgang Stark, Manuel Gräfe und Dr. Markus Merk an. „Man hat seinen eigenen Stil. Aber natürlich pickt man sich Dinge heraus, die man selbst einmal verwenden kann. Von Wolfgang Stark habe ich mir die Stringenz mitgenommen, von Manuel Gräfe seine kommunikative Spielleitung, von Markus Merk das Bewusstsein, wie wichtig die Fitness ist.“


DFB-Vizepräsident Zimmermann: „Der Fußball und das Leben funktionieren nur mit Regeln!“


Offen beantworteten Dingert und Gerach die vielen Fragen der neuen Kollegen, wozu auch schwierige Themen zählten, etwa ob mentale Überlastung ein Tabuthema unter Schiedsrichtern sei oder ob man schon mal einen Bestechungsversuch erlebt habe. Hans-Dieter Drewitz, der Präsident des Südwestdeutschen Fußballverbandes (SWFV), hieß die elf Kursabsolventen „herzlich im Kreis der Schiedsrichter im SWFV willkommen.“ Und Ronny Zimmermann, im DFB-Präsidium für das Schiedsrichterwesen verantwortlich, sagte: „Der Fußball in Deutschland hat mehr zu bieten als unseren großartigen Sport auf dem Platz. Das soziale Engagement gehört fest dazu. Der Fußball wie auch das Leben funktionieren nur mit Regeln. Ich drücke Euch die Daumen.“

Im Mittelpunkt aber stand die Aufgabe als Schiedsrichter. Für die elf Gefängnisinsassen war der bemerkenswerte Besuch eine Gelegenheit, sich mit zwei Menschen auszutauschen, die das, was sie machen, sehr gut beherrschen, die beständig Leistung zeigen und mit Druck umgehen müssen. Sie erlebten den Fokus auf die Kernaufgabe, Dingerts und Gerachs Souveränität, die Begeisterung, die Balance aus starkem Selbstbewusstsein und sozialer Kompetenz. Das Alles strahlte über den Fußball hinaus. Als man zum Abschluss noch bei Kaffee und Kuchen zusammenstand, sagte ein Gefangener: „Für mich war dieser Kurs ein Neuanfang. Jetzt schon hinter Gittern habe ich meinem Leben eine neue Richtung gegeben.“ Einer seiner Vorgänger war 2015 entlassen worden und hat bis heute 195 Amateurspiele geleitet. Und rückfällig ist er auch nicht geworden. Alleine schon deshalb, plant die Schiedsrichter-Vereinigung Rhein-Pfalz im kommenden Jahr die fünfte Auflage der besonderen Ausbildung hinter Gittern. Ein beispielgebendes Engagement.

 

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